"War das nicht die Pferdefrau vom Immenhof." "Ja, genau, die war 44 Jahre lang Pferdeflüsterin." "Das heißt Dipl.-Pferdeverhaltenstherapeutin." "Also ich meine, die ist Fotoflüsterin." "Auf alle Felle hat sie heute keine Pferde mehr, aber einen Frops." "War das nicht auch die Bienen-Brigitte?" "Diese Protest-Ikone mit dem Rollator? Die, die beinahe verhaftet worden ist, weil sie protestiert hat?" "Ach ja, die mit: KEINE SCHIENEN BEI DEN BIENEN! KEINE SCHIENEN AUF IMMENHOF!
"Ja, genau. Die, die ein Jahr lang mit einer Spielzeugeisenbahn auf der Mütze durch die Gegend geeiert ist und Protestfotos gemacht hat." "Ach. Die war auch Imkerin?
Die lebt doch vegan." "Na ja, die ist ja auch krank." "Das war die doch schon immer." "Ich glaube, die ist jetzt Selbsthilfefotografin." "Sag ich doch, die ist krank." "Also, ich finde das gut, was
die macht. Die macht immer alles mit Herzblut. Egal, was die Leute von ihr denken. Und die macht alles ehrenamtlich." "Sag ich doch - die ist krank." "Ja, aber die sieht doch gar nicht krank aus. Die
kann doch gar nicht sooo krank sein. Die benutzt ja nicht mal mehr ihren Rollator." "Meinst du, die simuliert?" "Schon mal darüber nachgedacht, warum die zur Selbsthilfefotografin geworden ist?"
"Öh." "Ey, die tut doch niemandem weh." "Ja, aber sie legt heute immer den Fotofinger auf die Wunden." "Und was ist ein Frops?" "Ein Mix aus französischer Bulldogge und Mops." "War ja klar, dass die
keinen normalen Hund hat."
Das Schneckenbild im obigen Bannerfeld war das erste "offizielle" Foto für unser ehrenamtliches Selbsthilfefotoprojekt für chronisch Schmerzkranke. Es ist 2017 entstanden. Doch was oder wen habe ich eigentlich vorher fotografiert? Und habe ich überhaupt fotografiert?
Während meiner ersten Lebensjahrzehnte habe ich nie eine Kamera in der Hand gehabt und habe mich in keinster Weise mit Fotografie beschäftigt.
Zu Beginn der Frührente habe ich mich beinahe zu Tode geschämt. Umgebracht habe ich mich nur darum nicht, weil ich meine Tiere weder zurück lassen noch gleichfalls töten
wollte.
Zuerst war ich also gar not so amused, aber ausprobieren hatte ich das Knipsding - der Höflichkeit halber - ja mal müssen. Und siehe da: Es machte Spaß. Zeit für so ein
Hobby blieb zwar seinerzeit nicht, doch machte ich an und ab Fotos für unsere immenhöfliche Internetseite. Das wars. Bis mich eine Stallpraktikantin reiferen
Alters fragte, ob ich zarterotische Fotos von ihr machen würde. „Für meinen Mann zum Geburtstag.“ Sie würde sich - weil von barocker Figur - nicht in ein normales Fotostudio trauen.
Es folgten Fototage im Curanum Uelzen, ein Foto-Workshop für Jugendliche - organisiert vom Mehrgenerationenhaus Ebstorf, private Fotonachmittage mit Brustkrebspatientinnen, Protestfotoaktionen für KEINE SCHIENEN AUF IMMENHOF! Sowie Tier- und Naturschutzfotoprojekte für Bienen, Bäume, Hühner sowie für Hundicaphunde. Auch wurden Fotoideen von Printmedien sowie für Plakate und Schaufensterwerbung angefragt.
Meine erste Outdoor-Bilderausstellung - Meine Freundin, die Bäumin - durfte ich 2017 eröffnen - mit eigenem Poetry-Slam und Rap.
Bis dahin war mir – was die Fotomache
betrifft - alles einfach so passiert. Heute weiß ich: Ich möchte mit meinen FOTOS UND UMZU etwas bewirken können.
Sensibilisieren, motivieren, irritieren, protestieren, aufklären, (uns) erklären, Mut und Lachen machen ...
Es würde mir nie in den Unsinn kommen -
einfach nur so - mein schnödes Mittags(guck)mahl zu fotografieren, um es - in der Hoffnung auf Likes - bei Facebook zu posten. Was vielleicht auch meinen Kochkünsten geschuldet ist. Sollte ich
jedoch eines Tages projektbezogene Mahl inszenieren „müssen“, werde ich diese fotodokumentieren. Ob ich jene Augenschmause dann auch essen werde? Nö.
Wobei: Hoch kommt es mir ja nur, wenn ich
Vorurteile höre, wie:
„Die macht auch immer noch so viel, wäre die sooo krank ...“
„Blablablablabla ... Und würdest Du so
viel denken wie reden, dann wärste auch nicht sooo doof.“
Das Schmerzshooting auf dem Melzinger Opferstein. Thema: Menstruation. Für eine Story, die sich um rosa Slipeinlagen und einen Kleinstadtskandal rankt. Etwas damit zu tun, hat auch mein Slipeinlagensong. Den ich neu vertonen lassen möchte. Der Text findet sich auf meiner Songtextseite. Kannst Du singen oder rappen und vielleicht auch noch Gitarre spielen? Dann wärst Du u.U. meine Frau. Für den Song.